Ordnungszwang
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Der Ordnungszwang ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen immer wieder versuchen, bestimmte Alltagsgegenstände nach einer bestimmten Ordnung oder Symmetrie anzuordnen.
Wenn dieser Drang zum Ordnen immer wieder kehrt und von den Betroffenen nicht mehr kontrolliert werden kann, spricht man von einer so genannten Zwangshandlung.
Ordnungszwang: Ursachen
Im Hintergrund des Ordnungszwangs stehen dabei oft ganz bestimmte Befürchtungen oder Erwartungen, die durch den Ordnungszwang - bewusst oder unbewusst - beeinflusst werden sollen, wie zum Beispiel “Ich muss meine Kleidung farblich sortieren, sonst könnte einem Familienmitglied etwas zustoßen.”
Den Betroffenen ist dabei oftmals klar, dass ihre Befürchtungen nicht wirklich durch den Ordnungszwang beeinflusst werden kann, und trotzdem ist der Zwang so mächtig, dass er sich ihnen immer wieder aufdrängt.
© Dr. Sandra Elze & Dr. Michael Elze
Prien am Chiemsee / Rosenheim, www.Dr-Elze.de
Ordnungszwang oder
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung?
Häufig ist zunächst unklar, ob es sich bei dem übermäßigen Bedürfnis nach Ordnung und Symmetrie um einen Ordnungszwang oder um eine so genannte Zwanghafte Persönlichkeitsstörung handelt.
Zur Unterscheidung ist es zunächst einmal wichtig zu klären, ob das Ordnen “ich-synton” oder “ich-dyston” erfolgt, und in wieweit sich die Betroffenen von dem Ordnungszwang bzw. zwanghaftem Ordnen distanzieren können.
Ich-Synton oder Ich-Dyston?
Beim Ordnungszwang erleben die Betroffene wie oben beschrieben einen sehr hohen Druck, eine bestimmte Ordnung oder Symmetrie herzustellen. Dieser Druck kann so übermächtig werden, dass sich die Betroffenen ihm nicht mehr wiedersetzen können. Im Hintergrund des Ordnungszwangs steht wie bereits genannt häufig die Befürchtung, dass sich ein schlimmes Unheil androhen könnte wenn man dem Ordnungszwang nicht nachkommt.
Trotz dieses hohen Drucks sind sich die Betroffenen beim Ordnungszwang aber zumeist darüber bewusst, dass mindestens ein Aspekt ihrer Zwangshandlungen überhöht und die erwartete “magische Wirkung” der Zwangshandlungen eigentlich unrealistisch ist. Menschen mit einem Ordnungszwang erleben also den großen Druck des Zwangs, dem sie immer wieder nachgeben müssen würden - aber “eigentlich” würden sie “in ihrem Inneren” viel lieber ohne den Zwang und ohne die damit verbundenen Befürchtungen leben können.
Da der Ordnungszwang also die Betroffenen belastet und sie sich ihm eigentlich gerne wiedersetzten würden, wenn nur der Druck nicht so hoch wäre, spricht man davon, dass der Zwang beziehungsweise die Zwangshandlung “Ich-dyston” ist. Damit ist gemeint, dass die Zwangshandlung sich aufdrängt und entgegen den Vorstellungen des eigenen “Ichs” durchgeführt werden muss.
Anders ist es bei der so genannten Zwanghaften Persönlichkeitsstörung, bei der die Betroffenen zum Teil ebenfalls ein hohes Maß an Ordnung und Genauigkeit anstreben. Im Gegensatz zum Ordnungszwang erleben Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstruktur ihren Wunsch nach Ordnung als “Ich-synton”. Das heißt, die Betroffenen erleben ihr Bedürfnis nach Ordnung und das damit verbundene Sortieren als stimmig und zu ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen passend. Die Betroffenen erleben zwar auch einen Druck, wenn bestimmte Objekte aus der Ordnung geraten, aber das Wiederherstellen der Ordnung führt bei ihnen eher zu einem beruhigenden, “gutem” Gefühl, ohne dass damit eine “Entlastung” von Befürchtungen oder Katastrophengedanken wie beim Ordnungszwang verbunden wären.
Weiterlesen:
• Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
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Ordnungszwang oder Zwanghaftes Sammeln?
Der Unterschied zwischen einem Ordnungszwang und dem so genannten Zwanghaften Sammeln ist ebenfalls manchmal nicht einfach, insbesondere da es häufig Überschneidungen zwischen den beiden Beschwerdebildern gibt.
Als Beispiel können wir uns einen Betroffenen vorstellen, bei dem ein Objekt des Zwanges bestimmte Bücher in seinem Buchregal sind:
Beim Ordnungszwang steht das Ausrichten der zwangsbesetzten Objekte im Vordergrund. Ein Betroffener würde also eventuell zunächst einmal darauf achten, dass die Bücher nach einer ganz bestimmten Systematik angeordnet sind und dann versuchen, eine darüber hinaus gehende Ordnung und Symmetrie zu erreichen. Er würde also eventuell versuchen, die Bücher im Regal so hinzustellen, dass alle im gleichen Abstand von der Regalkante stehen, so dass die Linie der Buchrücken parallel zur Regalkante verläuft. Oder er würde darauf achten, dass alle Bücher wirklich exakt senkrecht im Regal stehen und nicht etwa an den Enden des Bücherstapels gekippt werden.
Der Druck, diese Ordnung herzustellen, ist beim Ordnungszwang so stark, dass die Betroffenen zum Teil große Unruhe und auch starke körperliche Anspannung verspüren, wenn - um bei unserem Beispiel zu bleiben - ein Buch nicht in die gewünschte Symmetrie hineinzubekommen ist. So kann es vorkommen, dass ein Betroffener über Minuten oder Stunden immer wieder zu seinem Buchregal hingehen muss, um die Bücher noch einmal “besser” auszurichten.
Während also beim Ordnungszwang zumeist das Herstellen einer bestimmten Symmetrie im Vordergrund steht, überwiegt beim Zwanghaften Sammeln vorrangig der Druck, Objekte nicht wegwerfen zu können oder ergänzen zu müssen. In unserem oben genannten Beispiel würde ein vom zwanghaften Sammeln Betroffener also eventuell große Probleme haben, alte und “überflüssige” Bücher aus seinem Buchregal zu entfernen. Oder er würde versuchen, seinen Buchbestand nach einem ganz bestimmten Muster zu ergänzen und umzusortieren, bis schließlich über und neben dem Regal alle Plätze besetzt sind.
Wie oben bereits angedeutet, können der Ordnungszwang und das Zwanghafte Sammeln auch nebeneinander auftreten. Die Betroffenen erleben dann entsprechend einen hohen Druck bestimmte Objekte anzusammeln um diese dann in einer bestimmten Ordnung in ihrer Wohnung oder am Arbeitsplatz auszurichten.
Da diese Aufgabe - also das Ansammeln und genaue Ordnen ganz bestimmter Objekte - aber sehr viel Zeit und Energie benötigt, kann es passieren, dass die Betroffenen so sehr mit dieser Aufgabe beschäftigt sind, dass sie keine Kraft mehr haben, den Rest ihrer Wohnung oder ihres Arbeitsplatzes “ordentlich” zu halten. Diese Dynamik kann sich dann immer mehr verstärken, denn die Betroffenen leiden einerseits unter dem hohen Druck des Zwangs, sind andererseits aber hilflos und frustriert, da ihnen auch die Ordnung in den übrigen Lebensbereichen entgleitet, wodurch wiederum der Druck nach dem Ausüben der Zwangshandlungen größer wird.
Weiterlesen:
• Pathologisches Horten
• Sammelzwang
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Ordnungszwang: Test
Der Test, ob ein Ordnungszwang vorliegt oder ob es sich um eines der anderen oben vorgestellten Krankheitsbilder handelt, sollte nach Möglichkeit durch einen auf dem Gebiet der Zwänge erfahrenen Arzt oder Psychologen durchgeführt werden.
Zur genaueren Diagnostik gibt es dann bestimmte Testverfahren, wie zum Beispiel die so genannte Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (Y-BOCS). Diese sollten aber nur durch erfahrene Behandler angewendet und ausgewertet werden, damit sich die Betroffenen auf das Testergebnis auch wirklich verlassen können.
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Ordnungszwang: Therapie
Eine Therapie des Ordnungszwangs kann je nach Schweregrad der Erkrankung erforderlich werden. Auch wenn der Ordnungszwang zunächst einmal ganz schön hartnäckig sein kann, lässt er sich mittelfristig zumeist gut durch einen Kombination aus Psychotherapie und falls erforderlich auch unterstützenden Medikamenten behandeln.
Ausführlichen Informationen zur Therapie der Zwänge finden Sie im Kapitel “Zwänge: Therapie”:
Weiterlesen:
• Zwänge: Therapie
Autoren des Artikels: Dr. Sandra Elze & Dr. Michael Elze
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